Die Orgel

Die Orgel(n) der Lutherkirche

Streng genommen ist die heutige große Weyland-Orgel bereits das fünfte Instrument der 1901 eingeweihten Kirche.

Der Königliche Musikdirektor und erste Kantor der Lutherkirche Paul Hoffmann begann mit der klanglich und optisch einzigartigen Seiffert-Orgel, die Ende der dreissiger Jahre vom Opladener Orgelbauer Weyland einem einschneidenden Umbau unterzogen wurde, der allerdings Fragment blieb, nachdem Weyland zur Wehrmacht eingezogen wurde.

Hoffmanns Nachfolger Heinz Wedekind setzte, nachdem er aus russischer Krieggefangenschaft zurückkehrte, alles daran, im Bachjahr 1950 in der Lutherkirche Bachs zweihundertsten Todestag angemessen würdigen zu können. So kam es zur Konzeption einer Interimsorgel, die in den alte Seiffert-Prospekt hineingebaut wurde.

Nachdem der Bau einer neuen großen Orgel beschlossen wurde, wurden Interim und Seiffert-Gehäuse abgebrochen und eine kleine einmanualige Kleucker-Orgel begleitete als Übergangsinstrument die Gottesdienste.

1960 kam es dann zur Einweihung der jetzigen Weyland-Orgel. An und in ihr lassen sich die Spuren der Orgelgeschichte der Lutherkirche sehr gut ablesen, denn Weyland verwendete Gehäusereste der alten Seiffert-Orgel, Pfeifenmaterial dieses Instrumentes (27 Register) aber auch anderer zerstörten Solinger Orgeln, vor allem jedoch den elektrischen Spieltisch, den er Ende der dreissiger Jahre im Zuge seines Umbaus an die alte Seiffert-Orgel angeschlossen hatte.

Bewegend ist der Bericht eines Zeitzeugen, wonach dieser Spieltisch Ende der vierziger Jahre in den Schaufenstern eines Solinger Geschäftes gestanden hätte, um für den Orgelbau von 1950 zu werben.
Dass Weyland noch 1960 auf das veraltete und störanfällige System der Taschenladen zurückgriff, hat unter anderem damit zu tun, dass die Opladener Firma der Gemeinde schon lange verbunden war und vermutlich eine mechanische Orgel dieser Größenordnung nicht hätte bauen können. Andererseits verraten die Orgelakten, dass die Gemeinde schon damals sehr preisbewusst argumentierte, was sich unter anderem aus der Lektüre der Unterlagen zum Bau des Orgelgehäuses ergibt. Hier wurde um Materialdicken und Arbeitsstunden gefeilscht, und im Inneren der Orgel kamen Reste von Bruch- und Abfallholz des Vorgängerinstrumentes zum Einsatz.

Gleichwohl präsentiert sich die jetzige Orgel vor allem nach ihrer Generalsanierung im Jahr 2000 als ein klanglich auf- und anregendes Instrument, auf dem, natürlich auch in Kombination mit dem Raum, nahezu die gesamte Literatur vollgültig dargestellt werden kann.

Anfang 2010 wurde auch der alte Weyland-Spieltisch einer völligen Neugestaltung unterworfen: störanfällige und nicht mehr lieferbare Registerschalter wurden ersetzt, die teils abenteuerlich verlegte Elektrik auf einen sicheren Stand gebracht und eine Setzteranlage eingebaut, die den Abruf von mehr als 8.000 vorprogrammierten Registrierungen erlaubt.

 

Seit ungefähr zehn Jahren ist Herr Orgelbaumeister Gerhard Walcker-Meyer mit der Pflege der Orgel betraut, was glücklicherweise auch immer mit einer Verbesserung der technischen und klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes einhergeht.

Nachdem das Gemeindehaus an der Kotter Straße aufgegeben werden musste, wurde in der Lutherkirche das dortige kleine dreiregistrige Orgelpositiv der Göttinger Firma Ott aufgestellt.

Disposition der großen Weyland-Orgel

  1. Manual (Hauptwerk)
    Praestant 16’
    Octave 8’
    Offenflöte 8’
    Gemshorn 8’
    Superoctave 4’
    Gedecktflöte 4’
    Feldpfeife 2’
    Quinte 2 2/3’
    Großmixtur 5 – 6fach
    Scharf 4fach
    Trompete 16’
    Trompete 8’
     
    II. Manual (Schwellwerk)
    Gedecktpommer 16’
    Principal 8’
    Rohrgedeckt 8’
    Spitzgamba 8’
    Octave 4’
    Nachthorn 4’
    Rohrquinte 2 2/3’
    Superoctave 2’
    Koppelflöte 2’
    Querpfeife 1’
    Terz 1 3/5’
    Mixtur 6 – 8fach
    Terzcimbel 3fach
    Trompete 8’
    Rohrschalmey 4’
     
    III. Manual
    Quintadena 8’
    Gedeckt 8’
    Principal 4’
    Rohrflöte 4’
    Octave 2’
    Quinte 1 1/3’
    Terzglockenton 2fach
    Scharfcimbel 4 – 6fach
    Rankett 16’
    Krummhorn 8’
    Schalmeyregal 4’
     
    Pedal
    Principalbass 16’
    Subbass 16’
    Quinte 10 2/3’
    Octavbass 8’
    Gdecktbass 8’
    Choralbass 4’
    Spitzflöte 4’
    Gemshorn 2’
    Rauschpfeife 3fach
    Hintersatz 6fach
    Contrafagott 32’
    Posaune 16’
    Baßtrompete 8’
    Klarine 4’
    Cornett 2’
     
    6 Koppeln, Setzerkombination, Walze, Pleno, Tutti, Zimbelstern.
    Taschenladen, elektropneumatische Traktur.

 

(Ludwig Audersch, April 2017)